Einleitung
Wenn du in Aktien investieren willst und dich fragst, ob eine bestimmte Aktie gerade günstig oder teuer bewertet ist, wirst du früher oder später über das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) stolpern. Das KGV ist eine Bewertungs-Kennzahl, die relativ einfach zu berechnen und zu verstehen ist. Dieser Artikel zeigt die Berechnung dieser Kennzahl und wie du sie verwenden kannst, um verschiedene Unternehmen miteinander und mit dem Markt zu vergleichen.
Was ist das KGV?
Das KGV setzt den aktuellen Aktienkurs in Relation zum Gewinn je Aktie (EPS = Earnings per Share). Kurz gefasst:
KGV = Aktienkurs / Gewinn je Aktie (EPS)
Wenn eine Aktie z. B. mit 100 € gehandelt wird und das Unternehmen je Aktie einen jährlichen Gewinn von 5 € erzielt, dann ist das KGV = 100 / 5 = 20. Das bedeutet: Bei konstantem Gewinn würde sich der aktuelle Kurs nach 20 Jahren durch den Gewinn erwirtschaften. Oder anders gesagt: Das KGV zeigt, wie viele Jahre ein Unternehmen seinen aktuellen Gewinn erzielen müsste, um den heutigen Aktienkurs „einzuspielen“.
Varianten des KGV
Damit man ein KGV korrekt einordnet, muss man wissen, welche Variante verwendet wird. Typisch sind:
Nachlaufendes KGV (TTM)
TTM bedeutet „Trailing Twelve Months“. Der Aktienkurs wird ins Verhältnis zum Gewinn je Aktie innerhalb der letzten 12 Monate gesetzt. Dafür wird meist das verwässerte Ergebnis je Aktie verwendet - Mehr zu verwässertem und unverwässertem Gewinn erfährst du im entsprechenden Blogartikel. Dies ist eine konservative Methode zur Berechnung des KGV, da es auf den tatsächlichen Gewinnen der Vergangenheit beruht.
Erwartetes KGV bzw. KGV forward
Hierbei wird der Aktienkurs ins Verhältnis zum erwarteten Gewinn je Aktie für das laufende oder kommende Geschäftsjahr gesetzt.
KGV 5 Jahre
Der aktuelle Kurs geteilt durch einen Durchschnitts-Gewinn je Aktie über 5 Jahre, wobei häufig 3 Vergangenheitsjahre und 2 Prognosejahre verwendet werden.
Für die Einordnung gilt: Je nach Variante kann das Ergebnis stark variieren – ein KGV von z. B. 15 bei TTM kann anders einzuschätzen sein als 15 beim 5-Jahres-KGV.
Was das KGV über eine Aktie aussagt (und was nicht)
Das KGV liefert Hinweise, aber keine definitive Antwort:
Was es aussagen kann
- Ist das KGV niedrig, könnte die Aktie relativ günstig bewertet sein im Sinne: die Marktteilnehmer zahlen wenig im Verhältnis zum Gewinn.
- Ist das KGV hoch, könnte die Aktie teuer sein – oder aber hohe Erwartungen enthalten (z. B. starkes Gewinnwachstum). Auch während extremer Bärenmärkte können die KGVs hoch sein, da die Erträge - der Nenner in der Formel zum Kurs-Gewinn-Verhältnis - geringer ausfallen.
- Es erlaubt einen Vergleich zwischen Firmen derselben Branche: Eine Aktie mit KGV 10 könnte günstiger wirken als eine mit KGV 20.
- Das KGV kann helfen, Bewertungsübertreibungen oder günstige Einstiegspunkte zu finden.
Was das KGV nicht leisten kann:
- Ein hohes KGV bedeutet nicht automatisch, dass die Aktie ein Fehlkauf ist – Wachstum, Risiken, Bilanz etc. sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
- Ein niedriges KGV bedeutet nicht automatisch, dass die Aktie günstig ist – es könnte z. B. ein stagnierendes bzw. schrumpfendes Unternehmen sein.
- Das KGV sagt nichts über die Zukunft aus – lediglich über das Verhältnis des aktuellen Kurses zum historischen oder erwarteten Gewinn.
- Unterschiede zwischen Branchen oder Geschäftsmodellen machen Vergleiche schwierig: Ein KGV von 25 in der Wachstumsbranche kann normal sein, während in einer traditionellen Branche 10 schon hoch wirken kann.
Einordnen von KGV-Werten
Um festzustellen, wie teuer oder billig Aktien eines Unternehmens im Vergleich zum Markt sind, kann man auch das KGV eines gesamten Marktes ansehen. Die folgende Grafik zeigt z.B.: das KGV des DAX-Aktienindex der letzten 15 Jahre (Quelle: https://www.boerse.de/kgvs/KGV-Dax, Stand 18.10.2025)
Hier ist auch deutlich der Anstieg während der Corona-Jahre zu erkennen. So ein Anstieg kann entstehen, wenn die Gewinne der Unternehmen während wirtschaftlich schwieriger Zeiten einbrechen.
Eine weitere Möglichkeit zur Einordnung ist die Verwendung eines Benchmark-Rahmens so wie z.B. jener von Susan Levermann. In der Levermann-Strategie wird das KGV wie folgt bewertet:
- KGV unter ca. 12 → +1 Punkt (also günstig)
- KGV zwischen ca. 12 und 16 → 0 Punkte (also neutral)
- KGV über ca. 16 → −1 Punkt (also teuer)
Das gilt je nach Variante, z. B. aktuelles KGV oder 5-Jahres-KGV.
Beispiel zur Veranschaulichung
Stell dir vor, du möchtest in einen Automobilwert investieren. Ziehen wir dafür die beiden Werte der BMW AG sowie der Volkswagen AG heran. Beide Werte sind im DAX 40 gelistet und stammen aus derselben Branche - das erleichtert den Vergleich. Die aktuellen KGV-Werte zu beiden Unternehmen könnt ihr einfach aus den Bewertungskennzahlen in der Produktübersicht von gravitrade entnehmen:
Im Vergleich zum aktuellen DAX-Durchschnitt von rund 18,75 wirken sowohl BMW (KGV 8,64) als auch Volkswagen (KGV 5,38) deutlich günstiger bewertet. Nach dem Levermann-Rahmen fielen beide damit klar in den positiven Bewertungsbereich.
Besonders auffällig: Die erwarteten KGV-Werte liegen nochmals niedriger, was auf steigende Gewinne hindeutet – oder darauf, dass der Markt mögliche Risiken noch einpreist.
Ein niedriges KGV kann also auf Bewertungschancen hinweisen, muss aber immer im Kontext gesehen werden. Entscheidend ist, warum eine Aktie günstig erscheint – ob wegen stabiler Gewinne oder aufgrund bestehender Unsicherheiten.
Fazit
Das KGV ist eine der robustesten und bekanntesten Kennzahlen zur Aktienbewertung – und gerade deswegen nützlich für Einsteiger. Aber: Es darf nicht isoliert genutzt werden. Folgendes solltest du mitnehmen:
- Verstehe welches KGV du betrachtest (TTM / forward / 5 Jahre).
- Vergleiche mit Branche, Gewinnentwicklung und Markterwartungen.
- Integriere das KGV in eine ganzheitliche Analyse: Bilanz, Wachstum, Wettbewerb, Marktumfeld.
- Verlasse dich nicht auf ein „perfektes“ KGV – Aktienbewertung bleibt eine Mischung aus Zahlen, Erfahrung und Einschätzung.